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Extras

Künstler

2018.07.01

Max Giesinger

DER ERNSTZUNEHMENDE

Überragendes künstlerisches Talent und ein konsequent authentischer Auftritt haben Max Giesinger an die Spitze der deutschen Musikszenerie katapultiert.

Texteinstiege sind wichtig, weil nur ein guter Start eine gemeinsame Zielerreichung des Autoren mit dem Leser möglich macht. Und der gemeine Leser gehört einer ganz und gar undurchschaubaren Spezies an. Mal treu und geduldig, mal überkritisch und viel zu schnell rum ums Eck. Wie also einleiten einen Text über den famosen Songwriter Max Giesinger?

In Zeiten des Münchner Oktoberfestes vielleicht mit dem Super-Scoop einläuten, dass der junge Mann mit dem gepflegten Rauschebart nicht aus München kommt? Giesinger aus Giesing, schon klar, oder? Unser genial konstruiertes Hirn spielt uns mitunter so manchen unerwarteten Streich. Möglicherweise sollte man mit seinen Megasellern anfangen, denn die erinnern auch hartnäckigste Printproduktverweigerer sofort. Und ja, Plural war richtig, es sind längst mehrere Straßenfeger, die der Künstler Max Giesinger aus Waldbronn bei Karlsruhe zu verantworten hat. Nach einer sehr intensiven persönlichen Begegnung reift die Überzeugung zusehends, dass es vor allem zu Beginn eines launigen Textes über diesen Hauptdarsteller wichtig scheint, die geneigte Hörerschaft in ihrem möglichen Eindruck zu bestärken, dass sie die Musik eines aufrichten, authentischen, wirklich witzigen und vor allem handwerklich immens begabten Künstlers schätzen. Da ist aber auch gar nichts Fake News rund um den Giesinger, das ist echt. Kein kluges, aber irgendwie künstliches Konzept. Alles gewachsen, im Schweiße des eigenen Angesichts erspielt, mit der Erfahrung einiger Rückschläge gefestigt, frisch, voller Leidenschaft und Tatendrang. Wäre in der Form, nur mit der Kenntnis seiner großen Songs nicht unbedingt zu erwarten, zu stark ist unser menschlicher Hang zu Stereotypen und Schubladen und einfachen Lösungen, Weltbildern, Ideen. Aber Max Giesinger ist nicht so, er ist anders als all die anderen.

Eine Biographie herunterbeten scheint in seinem Fall also definitiv nicht angemessen, zu überstrahlend das Happy End, zu wuchtig der Erfolg, zu schnell vergessen die dann doch eher schwierigen Momente. Andererseits kommt es dem sich neugierig nähernden Betrachter doch ein wenig zu einfach vor, die hübsche Gegenwart des Künstlers ausschließlich als Summe seiner Erfahrungen in der Vergangenheit zu sehen. Zu melodramatisch alles.

Die Wahrheit dieses Gedankengangs liegt möglicherweise im Wesen von Max Giesinger selbst: Der Junge, der (gerne) rennt ist tatsächlich genau der bodenständige Typ, der sich selbst nicht übermäßig ernst nimmt und dessen auf offensichtlich liebevolle Erziehung fußende Persönlichkeit Krisen ebenso als normal akzeptiert wie gute Zeiten, Erfolg, Fan-Gunst und das nötige Fell, um die schreibenden Dummschwätzer zu ertragen.

Was man bereits ahnt, ohne ihn näher zu kennen: Max Giesinger ist im Herzen ein Straßenmusiker. Er liebt den direkten Kontakt zu Menschen, ihre Nähe, ihre Unmittelbarkeit, sicher auch ihre Unberechenbarkeit. Wenn wir denn die Bio hinzuziehen ist der Teil mit dem Abiturienten spannend, der sich down under die tägliche Semmel mit Musik verdient. In anderen Kontexten umschreiben mittelmäßige Schreiberlinge derlei Erfahrungen mit „Stahlbad“ oder klären über Herrenjahre und Lehrjahre auf. Australien und Neuseeland tauchen in der Retrospektive nur in halbjährigem Umfang auf, dennoch darf man angesichts der Entwicklung im Hause Giesinger in den vergangenen fünf Jahren davon ausgehen, dass sich in dieser Zeit fernab Badens eine Art Wendepunkt vollzog. Da geht jemand als talentierter Jüngling und kehrt heim als Typ mit Haltung und einer Idee für den weiteren künstlerischen Weg; dass der beschritten werden musste, war ebenso klar wie berechtigt.

Gehen wir also frecherweise davon aus, dass die Indizienkette Wahrheiten in sich trägt, wird auch klarer, warum Rückschläge relativ entspannt weggesteckt wurden und der Erfolg nicht zu Kaufexzessen oder wahlweise Groupieverschleiß oder beidem führt. Es steht ebenso zu vermuten, dass Max Giesinger gut mit unzutreffenden und auch nicht wirklich witzigen, wenngleich ziemlich öffentlichkeitswirksamen Narzissmusanfällen eines Böhmermann leben kann, auch wenn die ihn nur in zweiter Linie avisierten. Er lacht mit hoher Wahrscheinlichkeit über den schlimm fehlgeschlagenen Versuch einer Parodie, die dümmliche Wiederholungstat, sich über Fremdverarsche zu profilieren, weil die Wahrheit nicht annähernd berührt wird. Und weil er derjenige ist mit dem guten Humor.

Verlagerten wir das Max Giesinger-Szenario in die USA und würden ihn für ein amerikanisches Printmagazin unter die Lupe nehmen, den altehrwürdigen Rolling Stone etwa oder das mit Legendenstatus behaftete No Depression, der Musiker hätte zunächst einmal ausschließlich Respekt zu fürchten. Selbstverständlich gibt es auch in Zentren wie Nashville, Austin, New York oder San Francisco (bitte in dieser Reihenfolge) sich mehrende Stimmen, die eine doch arg simple und sehr unechte und insbesondere kommerzielle Unterhaltungsindustrie geißeln, genau darunter aber fällt ein Max Giesinger nicht. So sehr sich der von Auflagenschwund und Zeitknappheit und schwindendem Applaus geplagte Feuilletonist sich dies auch wünschte.

Deswegen liegt Böhmermann mit seinem in schlechten Humor gekleideten Vorwurf falsch, die Werke dieser neuen deutschen Künstler seien, samt Backkatalog selbstverständlich, von bestechend einfachem Gemüt, beliebig, weit weg vom Alltag, ohne Bezug zum Leben. Auch die in ähnliche Kerben schlagende Rezensenten gehören für ihre wichtigtuerische, oberflächliche Beschäftigung mit dieser Renaissance deutschsprachiger Künstler im Allgemeinen und Max Giesinger im Speziellen gerügt, wenn sie konstatieren, das sei doch alles von geldgeilen Hauptstadt-Labels durchgestylte, in Summe angestrengte, berechnende Kunst. Das Gegenteil ist der Fall.

Quod erat demonstrandum: Max Giesinger ist ein empathischer Geschichtenerzähler, dessen lyrische Tempi und Direktheit und Songstrukturen sehr an vergangene und aktuelle amerikanische Helden erinnern. Einen Jason Isbell etwa, den die internationale Fachpresse seit vielen Monaten für seine Arbeit lobhudelt. Durchaus bewusst sei der Vergleich zu einem amerikanischen Künstler gezogen, denn nur dieser internationale Weg stellt sicher, dass die Reflektion dem Talent und der berechtigen Ambition von Max Giesinger gerecht wird. Er erreicht konsequent bestechende Form, wenn er seine Beobachtungen und Erfahrungen, sein Leben und das anderer in diese kleinen Anekdoten verpackt. „Wenn sie tanzt“ hätte ohne Probleme auch das Potenzial zur ersten Single gehabt. Es gibt weitere Beispiele, Hinhören lohnt.

Max Giesinger ist ein in jeder Hinsicht Ernstzunehmender. Keine Ein-, Zwei- oder Achtzehntagesfliege. Kein süßes, von Schwiegermüttern herbeigesehntes Glühwürmchen. Keine prognostizierbare Halbwertszeit. Keine maximale Austauschbarkeit, kleinste gemeinsame Vielfache oder ausgeprägte Allgemeingültigkeit. Erwachsene Kunst eines Künstlers mit hörbarer Identität. Und genau darum enthält dieser Text über Max Giesinger keine breitgetretenen Passagen über „The Voice of Germany“ und andere Headlines. Es geht ausschließlich um den Musikermenschen Max Giesinger und das, was er für uns im Gepäck hat.

Auf ins Gefecht: Wir begegnen Max an einem der letzten Abende des „Gießener Kultursommers“. Am Abend zuvor gab sich eine erstaunliche fitte Altherrenriege, die unter dem Namen Barclay James Harvest firmiert, die Ehre, 24 Stunden später zieht Roland Kaiser beseelte Kreise, freundlich begleitet von einem aufmerksamen Auditorium. Ausverkauft ist Max Giesinger! 4500 Menschen erwarten ihn in zweieinhalb Stunden, seinen ersten Auftritt in der lebendigen Universitätsstadt Jahre zuvor wollten Zwölf sehen. Es war die Zeit von Wohnzimmerkonzerten und viel Schnaps im Anschluss.

Max, vielen Dank für Deine Zeit jetzt kurz vor dem Konzert. Ich würde gerne mit der Frage starten, ob Du in den vergangenen Monaten Interviews erleben durftest, in denen es nicht um „80 Millionen“ ging?

(lacht). Ja, doch. Da gab es schon ein paar. Gerade heute noch hatte ich eins, da wurde der Song überhaupt nicht angesprochen. Es gibt ja mittlerweile auch noch anderes Material, das man besprechen kann. Aber ich freue mich tatsächlich auch, wenn ich darauf angesprochen werde.

Macht es Dich stolz, so einen Megaseller bereits in der Tasche zu haben oder hast Du tendenziell eher Angst, nur auf diesen einen Song reduziert zu werden?

Es gab sicher Momente, wo ich diese Befürchtung hatte, gerade im vergangenen Jahr während der Europameisterschaft, als „80 Millionen“ überall gespielt wurde, hoch und runter gelaufen ist. Ich hab mich wirklich gefragt, wie ich das jemals würde toppen können oder etwas halbwegs Gleichwertiges schaffen. Aber dann ist mit „Wenn sie tanzt“ ein Lied mit ähnlichem Potenzial entstanden. Natürlich weißt du nie, wie das Publikum auf neues Material reagiert, aber der Song wurde ähnlich aufgenommen. In der Schweiz und Österreich war er übrigens größer als „80 Millionen“. Da fragen sie mich dann, wie es ist, auf diesen Megahit „Wenn sie tanzt“ reduziert zu werden. (lacht).

Nein, im Ernst. Das hat mich schon beruhigt zu sehen, dass ich eben nicht dieser One-Hit-Wonder-Dude bin, sondern meine Musik etwas in sich trägt, das längerfristig funktioniert. „Roulette“ ist ja auch ziemlich erfolgreich. Wenn wir unterwegs sind, höre ich den manchmal zwei oder drei Mal auf einer Strecke; das ist etwas sehr Schönes.

Mich interessiert Deine musikalische Sozialisierung? Wer hat Dich überhaupt zur Musik gebracht? Gibt es eine Geschichte dazu oder ist das eher unspektakulär gelaufen?

Eigentlich haben meine Eltern immer gute Musik gehört und natürlich findet man die Musik immer gut, die man mit der Muttermilch aufsaugt. Bei mir waren das Bands wie Dire Straits, Queen, Pink Floyd, so die alten coolen Sachen einfach. Ich kann mich daran erinnern, dass ich irgendwann gemerkt habe, dass Musik etwas mit mir macht; da war ich vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Auf jeden Fall wollte ich bestimmte Songs immer wieder hören oder es ist passiert, dass ich im Auto auf der Rückbank saß und weinen musste wegen Musik, weil ich mich richtig abgeholt fühlte.

Irgendwann kam meine Mutter dann auf die Idee, mich zu einem Gitarren-Schnupperkurs anzumelden, gemeinsam mit meinem besten Kumpel. Ich kann mich erinnern, dass ich das die ersten drei, vier Unterrichtsstunden überhaupt nicht interessant fand, weil ich andere Sachen im Kopf hatte und keinen Bock zu üben: Lieber Nintendo spielen oder Verstecken, so was. Mein großartiger Gitarrenlehrer Peter Kantner – Gruß von dieser Stelle, falls er das lesen sollte – hat uns dann ein Stück vorgespielt, „Red River Valley“ oder „Donna Donna“ oder so was, das fand ich mega. Ich war so begeistert, dass ich wirklich viel geübt habe und das in der nächsten Stunde sehr gut vorspielen konnte. Das gab dann erstmals Lob und fortan war der Donnerstag mit Gitarrenunterricht mein Lieblingstag. Zeitgleich war ich auch aufs Gymnasium gewechselt und die Noten wurden immer schlechter, sodass der Donnerstag mir Halt gab und ich bei der Gitarre richtigen Ehrgeiz entwickelt habe. Irgendwann kam dann noch ein bisschen Singen dazu und dann ging das alles so seinen Gang.

Finden Deine Eltern gut, was Du heute machst?

Ja, definitiv. Sie stehen zu mir und freuen sich über die Entwicklung. Klar gab es auch Zeiten, in denen sie sich Sorgen gemacht haben, weil nicht so viele Leute zu den Konzerten kamen. Dann muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob irgendein Studium nicht doch ein besseres Fundament sei und das mit der Musik könne ja auch nebenbei laufen. So was halt.

Jetzt, wo der Plan aufgegangen ist, sind sie natürlich auch sehr stolz. Sie hätten mich auch niemals irgendwo reingezwängt. Ich hab‘ mal eine Bankausbildung angefangen, was völlig in die Hose ging. Meine Mutter hat direkt mitbekommen, dass ich nicht glücklich werden würde und hat sofort gesagt: „Hey Max, du musst das nicht machen, geh lieber wieder zur Musik zurück.“

Sie sind wirklich sehr stolz, mögen die Musik, sind aber auch sehr ehrlich, vor allem meine Mutter. Ich habe ihr oft neue Lieder auf der Gitarre vorgespielt, wenn sie von der Arbeit kam und da hat sie sehr direkt reagiert. Sie konnte nicht immer genau benennen, was sie störte, aber sie hat gesagt, dass sie etwas nicht gut findet. Früher hat sie bei den Konzerten immer weit vorne gestanden und schön gegen den Takt geklatscht, sie ist völlig unmusikalisch. Ich musste mich dann immer zwingen, nicht zu Mutti zu schauen, weil sie mich rausgebracht hat. Das ist tatsächlich ein paar Mal passiert. Sie ist sicher nicht musikalisch. Ich weiß nicht, woher das kommt, dass ich ein bisschen Singen und Gitarre spielen kann.

„IRGENDWANN KAM MEINE MUTTER DANN AUF DIE IDEE, MICH ZU EINEM GITARRENSCHNUPPERKURS ANZUMELDEN, GEMEINSAM MIT MEINEM BESTEN KUMPEL...“
Du wirst gerne als Castingshow-Kind verortet, was faktisch falsch ist und eine fragwürdige Verkürzung Deiner Entwicklung. Was war vor „The Voice“ und wie hat der undankbare 4. Platz Dein Leben vor allem als Künstler verändert?

Zunächst mal war die öffentliche Wahrnehmung der ersten Staffel von „The Voice“ eine sehr anerkennende, sehr gute. Da haben viele gesagt, dass es endlich mal richtig gute Stimmen gibt, gute Musiker, ein gutes Konzept. Für mich hat es bedeutet, dass ich schon eine gewisse Zeit danach sehr stark auf meine Teilnahme an dieser Show reduziert wurde, weil es das Größte war, was ich bis zu diesem Zeitpunkt gemacht hatte. Und die Leute wissen ja nicht, dass ich vorher schon sieben Jahre lang in jeder Spelunke in Karlsruhe gespielt und die ganze Zeit über auch nur von meiner Musik gelebt habe.

Klar, eine Zeit lang war „The Voice“ ein wichtiger Meilenstein, aber mir war wichtig, dass ich als Künstler mit eigener Identität wahrgenommen werde und nicht als der Castingshow-Typ. Ich wollte einer sein, der eigene Songs schreiben kann und das war danach auch mein Antrieb, ich wollte es den Leuten zeigen, dass ich es kann: Ich kann vor vier- oder fünftausend Leuten spielen und ich kann eine geile Platte machen. Mit Castingshow-Vergangenheit bist du gerade bei den Radio- und Plattenfirmenmenschen ja auch festgelegt als einer, von dem nichts mehr kommen wird. Und da wollte ich einfach das Gegenteil beweisen.

Was bei der Recherche zu Dir auffällt: Du bist ein Teamplayer; wie wichtig sind Dir Deine Band, die Menschen um Dich herum?

Mein Team ist mir unfassbar wichtig. Es gibt ja viele Künstler, die eher Einzelgänger sind, alles alleine entscheiden wollen, für sich ihren Weg gehen. Das ist bei mir anders. Ich habe schon eine starke Meinung, was etwa die Songs und deren Entwicklung betrifft, lasse mich aber auch total gerne beraten und gebe ohne Probleme Dinge ab an Menschen, die das dann vielleicht besser können.

Ich kann mich beispielsweise sehr schlecht organisieren. Es kann sein, ich komme in drei Wochen nach Hause und habe keinen Strom mehr oder kein Wasser, weil ich die Rechnungen nicht gezahlt habe. Mir war einfach sehr schnell klar, dass ich Menschen brauche, die mir helfen. Heute habe ich ein Umfeld, auf das ich sehr stolz bin und auf das ich mich absolut verlassen kann. Menschen, die sich kümmern und mir aber auch Freiheiten lassen, wo ich das brauche. Im Grunde muss das aber jeder Künstler für sich entscheiden. Es gibt sicher auch Einzelgänger, die gut klarkommen und bestimmt auch solche, die alleine unterwegs sind und an ihre Grenzen kommen. Vielleicht ist das fehlende Team auch genau der Grund, warum bei denen dann nichts weitergeht. Ich bin für mich froh, dass ich ein Team um mich habe.

Deine Band besteht aus großartigen Einzelmusikern, die es schaffen, auf der Bühne eine funktionierende, pointierte, druckvolle Einheit zu werden; wie geht das? Was ist das Erfolgsgeheimnis? Nur Professionalität?

Ich glaube, wir können uns in dieser Band alle zurücknehmen und keiner muss die Rampensau spielen, das soll es ja geben. Wir sind ja keine Jazzcombo und jeder spielt irgendwann nur noch seinen Kram für sich.

Ein anderer Grund für das gute Bandplay ist sicher der Punkt, das wir schon seit sechs Jahren gemeinsam unterwegs sind, und zwar in jeder Situation. Nach „The Voice“ gab es eine Menge Hype, Erfolg und viele große Bühnen, im Jahr danach war plötzlich alles anders und wir haben uns vor vierzig zahlenden Gästen in Braunschweig wiedergefunden. Egal, wo wir gespielt haben, die Jungs haben mir die Treue gehalten und sind diese Ochsentour mitgegangen. Was waren da für Locations dabei, die „Prinzenbar“ in Hamburg…

…ein super Laden, die „Prinzenbar“…

Ja, oder? Total cooles Ding. Aber es war wirklich wichtig, dass wir auch diese Zeit gemeinsam erlebt haben. Ich kann dir sagen, wir haben in unglaublichen Hostels geschlafen, wo die Duschköpfe bei der Benutzung explodiert sind. Wir haben in Gegenden übernachtet, wo du jemanden abstellen musstest, der den Bus draußen bewacht. Wirklich krasse Sachen.

Aber genau diese Erfahrungen lehren uns das zu schätzen, was wir heute haben. Gleich kommen 4500 Menschen nur wegen uns, unserer Musik. Das war vor zwei, drei Jahren noch nicht der Fall. Wir dürfen für uns niemals vergessen, dass es auch andere Zeiten gab, und was wir dafür getan haben, um an diesen Punkt zu kommen, an dem wir heute sind. Dass es nicht selbstverständlich oder normal ist, was wir erleben. Dass wir so viel gemeinsam erlebt haben und uns auch im Erfolg gut zurücknehmen können, das macht den Erfolg, die Homogenität dieser Band aus.
„EGAL, WO WIR GESPIELT HABEN, DIE JUNGS HABEN MIR DIE TREUE GEHALTEN UND SIND DIESE OCHSENTOUR MITGEGANGEN.“

Deine Liveaktivitäten nehmen Dylan’sche Ausmaße an, Du bist extrem viel auf Tour; wie und wo kommst Du zur Ruhe?

Erst einmal ist es wichtig, dass man Ruhe findet zwischendurch. Ehrlich gesagt, hatte ich ja auch keine Erfahrung mit den Auswirkungen von 150 Gigs im Jahr. Was macht das mit mir? Wie reagiert mein Körper auf die Belastung? Wo finde ich Entspannung? Ich habe für mich gemerkt, dass ich grundsätzlich sehr schnell wieder runterkommen kann, Gott sei Dank. Wenn wir tagsüber mal frei haben und Schwimmen gehen können oder zwei Stunden Tischtennis ballern. Wichtig ist mir auch, dass ich mich nicht den ganzen Tag mit Musik umgebe, so schön sie auch ist. Es braucht Auszeiten. Ich suche immer wieder gezielt auch Orte auf, wo ich Abschalten kann. Zuletzt war ich ein paar Tage in Island, das hat sehr geholfen.

Wie entstehen Deine Songs?

Die entstehen gemeinsam mit Freunden. Einer in Mannheim ist Jens Schneider, mein Seelenverwandter, was Songwriting anbelangt. Den kenne ich seit zweieinhalb Jahren ungefähr über meinen Bassisten. Wir schaffen es, aus Kraut und Rüben-Ideen gute Songstrukturen zu entwickeln. Jens ist auch recht schnell im Zusammenbauen von Demos und den ersten gemeinsamen Song fand ich schon klasse. Als ich ihn meinen WG-Jungs vorgespielt habe, waren die total begeistert. Ich habe Jens dann sofort für mehrere Sessions gebucht und das Album ist dann ziemlich schnell entstanden.

Es gibt auch noch andere Leute, mit denen ich immer wieder schreibe; die Gemeinsamkeit ist, dass ich all diese Menschen schon über mehrere Jahre kenne. „80 Millionen“ ist zum Beispiel mit Kumpels entstanden, mit denen ich auch schon für „Laufen lernen“ getextet hatte. Du weißt einfach, wenn du mit denen rumhängst, hast du eine gute Zeit und es kommt ein gutes Ergebnis dabei rum. Das fühlt sich auch nicht an wie arbeiten.

Du verbringst einfach viel Zeit miteinander, lachst viel, alberst rum und am Ende des Tages steht dann ein Song. Meistens schlafen wir dann alle eine Nacht darüber und denken am nächsten Morgen noch mal nach.

Ich singe auch immer wieder irgendwelche Sprachmemos ins Handy. Oder schreibe Textideen auf. Wenn wir dann eine Schreib-Session haben, frage ich, ob sich jemand von diesen Ideen abgeholt fühlt und so startet das dann häufig, so entstehen meine Songs.

Letzte Frage: Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?

Ich glaube, ich würde dann gerne auf dem Land leben. Momentan finde ich Hamburg super, die Vibes der Großstadt, es ist immer was los, du hast alle Möglichkeiten. Ich merke aber immer, wenn wir auf dem Land spielen, wir in meiner Heimat sind oder in Bayern, dass mir die Ruhe gefällt, die Berge.

In zehn Jahren hätte ich gerne da irgendwo ein Häuschen auf dem Land, vielleicht 20, 30 Kilometer von einer Stadt entfernt, mit einer Familie, zwei oder drei Kindern, einem Hund und das verrückte Musikerleben nebenbei, das wäre schon cool. Ich denke, wir sind dann als Band immer noch am Start, spielen unsere Konzerte und es kommen Leute, um uns zu hören. Doch, das glaube ich schon: Es kommen noch Menschen, um unsere Musik zu hören.

Max, ich danke Dir für Deine Zeit und wünsche Dir einen berauschenden Abend. Alles Gute!
„BEI MEHR ALS 150 AUFTRITTEN IM JAHR BIN ICH AUF EIN ZUVERLÄSSIGES INSTRUMENT ANGEWIESEN. KORG BIETET GENAU DIESE ZUVERLÄSSIGKEIT“